Die Stadt gestalten – auch in Krisenzeiten!

Für das Jahr 2023 wurde für Goch ein Haushaltsplan für ein Jahr erstellt, kein Doppelhaushalt. Hintergrund dafür ist die Zeit, in der wir leben mit ihren Krisen und Unwägbarkeiten. So muss nach mehreren guten Jahren im Jahr 2023 auf Rücklagen zurückgegriffen werden, da der Haushalt ein Defizit aufweist.
Besonders erwähnt wird die Schaffung einer Stelle im Bereich ‚Integration‘,  Bemühungen die ärztliche Versorgung der Stadt zu verbessern und die dringende Einrichtung eines neuen Kindergartens.
Kritik gibt es daran, dass es bei der Umsetzung klassisch GRÜNER Forderungen in Sachen Klimaschutz wie Vermeidung von Flächenversiegelung und Umsetzung des Radwege-/Verkehrskonzept nur schleppend vorangeht.

Hier die Rede:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Knickrehm,
sehr geehrte Frau Gansen,
liebe Kolleg*innen,
sehr geehrte Damen und Herren,

zuerst einmal möchten wir uns bei der Kämmerin Frau Gansen und ihren Mitarbeiter*innen für die Erstellung des Haushaltsentwurfs für das Jahr 2023 noch einmal herzlich bedanken. Gerade in diesen krisenhaften Zeiten, deren Ende nicht absehbar ist, können wir Ihnen folgen, dass es sinnvoll ist, allein schon wegen der Unwägbarkeiten, nur einen einjährigen Haushalt einzubringen. In Ihrem Haushaltsentwurf finden wir – wie gewohnt – eine besonnene Planung vor- und dies ist gut so.

Finanziell müssen nun Mittel aus der Ausgleichsrücklage entnommen werden, da die Stadt Goch ein Haushaltsdefizit zu verzeichnen hat. Aber nach den letzten besseren Jahren, wo eben ein gutes Polster in der Rücklage aufgebaut werden konnte, ist es nur legitim, sich nun in Krisenzeiten dieser zu bedienen.

Zum jetzigen Zeitpunkt kann niemand absehen, inwieweit wir mit weiteren Auswirkungen durch den Einmarsch Russlands in die Ukraine zu rechnen haben, geflüchtete Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt zukünftig in unserer Kommune ankommen werden oder auch die Klimakrise und ihre Folgen uns mit zusätzlichen Ausgaben belasten wird. Doch wir müssen und wollen uns den Herausforderungen der Zukunft stellen.

An dieser Stelle möchte ich gerne noch einmal betonen, wie wichtig und gut es ist, dass hier in Goch die Integration auch als kommunale Aufgabe wahrgenommen wird. Das ist gerade im Bereich Integration nicht selbstverständlich. Hier wurden Stellen geschaffen, gute Strukturen angelegt und es wird von den Mitarbeiter*innen eine gute Arbeit geleistet.

Die Entfristung im Bereich der Stellen, wie sie vorgenommen wurde, begrüßt die Fraktion der GRÜNEN im Rat der Stadt Goch sehr; denn wir müssen davon ausgehen, dass die Arbeit in diesem Bereich eine sehr große Aufgabe sein wird. So haben Sie, Frau Gansen, es ja auch im Vorbericht zum Haushalt formuliert und wir können davon ausgehen, dass es eine permanente Aufgabe bleiben wird. Aber die Entfristung allein wird nicht reichen, Herr Dr. Mann hat es ja im Haupt- und Finanzausschuss bestätigt, dass die Aufgaben nicht geringer werden, insbesondere im Bereich der Wohnraumbeschaffung und so haben wir es auch der Bitte des „Runden Tischs“ entnommen.

Mit unserem Antrag, der in ähnlicher Form auch von der SPD formuliert wurde, kann nun die notwendige Schaffung einer Stelle im Bereich Integration erfolgen und dazu beitragen, dass in Goch weiterhin das MITEINANDER groß geschrieben wird. Wir sind froh, dass nach Diskussion diesem Antrag mit Änderung, aber letztendlich mit Mehrheit gefolgt wurde.

Schwierige Zeiten erleben wir auch zurzeit mit Blick auf die ärztliche Versorgung hier in Goch. Gemeinsam mit dem BFG und der SPD möchten wir daher prüfen lassen, wie und unter welchen Bedingungen mit der Einrichtung eines kommunalen medizinischen Versorgungszentrums gute Bedingungen für Ärztinnen und Ärzte angeboten werden können, so dass diese vor Ort ihre Tätigkeit aufnehmen. Wir sind erfreut darüber, dass dieser Antrag nun umgesetzt wird.

Doch wir sehen nicht nur die großen Dinge, die in Goch angepackt werden müssen, wie die Errichtung eines dringend benötigten Kindergartens, wo uns das Gesamtkonzept der obendrauf angesiedelten Bücherei überzeugt hat. Auch haben wir in diesem Jahr geschaut, wo wir durch kleine Maßnahmen – mit Blick auf das Gemeinwohl – gute Dinge für die Bürger*innen schaffen können. Angefangen bei dem Zugang zu Menstruationsprodukten im öffentlichen Bereich, wo wir zusammen mit der SPD einen Antrag eingereicht haben, bis hin zu den Aufsätzen für die innerstädtischen offenen Mülleimer, damit Zigarettenkippen nicht mehr achtlos neben den offenen Behältnissen auf dem Boden landen. Nicht zu vergessen sei der Antrag zur Aufstellung weiterer Abstellbügel für Fahrräder, den wir gemeinsam mit dem BFG eingebracht haben und der noch von Seiten der SPD ergänzt wurde.

Und hier, last but not least, kommen wir zu den Anträgen, die sich mit den Kernthemen grüner Politik beschäftigen. Diese sind und bleiben beim Klimaschutz verankert. Hier stehen wir in der Pflicht, uns auch für unsere Kinder und Enkelkinder, aber auch für alle Lebewesen dieses Planeten, wo nur möglich, für den Klima- und Artenschutz, stark zu machen. Nur wenn wir hier auch als Kommune aktiv werden, können wir vielleicht die Folgen noch erträglich halten. Versäumen wir aber ein beherztes Angehen dieser Themen, werden die Folgekosten gewaltig sein.

Erst Anfang dieses Monats wies die Leopoldina, die nationale Akademie der Wissenschaften, darauf hin, dass im schlimmsten Fall mit Kosten bis zu 900 Milliarden Euro allein in Deutschland bis zum Jahr 2050 allein zu rechnen sei. Ein Nicht-Handeln ist hier keine Option, sondern wäre fahrlässig. Anträge für den Klimaschutz sind weder teuer noch überzogen, sondern ökonomisch und politisch sinnvoll, weil sie ein Vielfaches an Folgekosten vermeiden und zugleich auch aktive Wirtschaftsförderung sind.

Ein Anliegen ist uns, die Umsetzung der Landesbauordnung auch im Bereich der Außenanlagen. Immer noch werden zu begrünende Außenanlagen wasserdicht versiegelt oder gar gepflastert anstatt begrünt. Hier haben wir eine halbe Stelle beantragt, um eben zu garantieren, dass dies auch in unserer Kommune umgesetzt wird. Weniger Versiegelung ist nachgewiesener Weise gut für das Stadtklima und damit für die Gesundheit, im Besonderen für die vulnerablen Personen. Sie dient dem Erhalt eines gesunden Grundwasserkörpers, ist aktiver Hochwasserschutz, wirkt sich positiv auf die Artenvielfalt aus, die in vielfacher Hinsicht den Menschen zugutekommt: sei es durch den Erhalt der bestäubenden Insekten, von welchen unsere Ernten letztendlich abhängen als auch in ihrer Bedeutung für die Verringerung des Risikos von Pandemien, um nur einige Vorteile zu nennen.

Diese große Anzahl an Argumenten ist mit Sicherheit auch der Grund dafür, dass es eben genau diese Vorgaben zur Gestaltung der Außenanlagen gibt: Wir Grünen können nicht nachvollziehen, wieso Mitglieder des Rates sich gegen die Umsetzung dieser Verordnung sperren, die ohne eine Aufstockung des Personals offensichtlich derzeit nicht zu gewährleisten ist. Hier werden wir am Ball bleiben.

Klimaschutz auf kommunaler Ebene heißt aber auch Verkehrswende. Gerade hier auf dem Land ist der Ausbau des Fahrrad- und Pedelecverkehrs ein wichtiger Baustein. Dabei geht es uns nicht nur um ein paar einzelne Maßnahmen, sondern darum Anreize für grundlegende Veränderungen zu schaffen, hin zu einer lebenswerten Stadt, in der nicht mehr nur vom Autoverkehr aus gedacht und geplant wird – ein Blick über die Grenze tut hier gut. Diesen nötigen und unvermeidbaren Wandel wollen wir aktiv mitgestalten.

Endlich nun, seit Oktober letzten Jahres, liegt das über Jahre ausgearbeitete Radverkehrskonzept für die Stadt Goch vor. Bürger*innen wurden befragt, über Mängelmelder konnte man gefährliche Stellen melden, Workshops wurden angeboten und das beauftragte Büro VIA fuhr alle Wege der Stadt Goch ab und hat letztendlich ein detailliertes, gut ausgearbeitetes Konzept zusammengestellt.

Bereits im letzten Jahr drängten wir auf einen Start zur Umsetzung des Konzeptes, wurden jedoch vertröstet, dass höchstens 110.000 € in 2022 für Maßnahmen aus dem Radverkehrskonzept umgesetzt werden könnten. Nun mussten wir tatsächlich feststellen, dass diese Mittel nicht einmal angetastet wurden, sondern lediglich in dieses Jahr verschoben wurden. Auch wenn von politischer Seite hier noch Hausaufgaben gemacht werden müssen, wie z.B. die Festlegung einheitlicher Erscheinungsbilder für Fahrradstraßen, so hätten wir zumindest die Einbringung entsprechender Vorlagen in den Umwelt- und Verkehrsausschuss erwartet. Weitere Ausgaben für den Radverkehr wurden für 2023 erst gar nicht in den neuen Haushalt aufgenommen.

Hier ist es nun aber an der Zeit, ein Zeichen zu setzen, eben auch, weil Förderung des Radverkehrs aktiver Klimaschutz ist. Der Fahrradweg an der Klever Straße, welcher allein schon aus Gründen der Verkehrssicherheit eine Zumutung ist, ist ein ideales Projekt, um einen großen Schritt nach vorne zu gehen. Diese Strecke ist von großer Bedeutung sowohl für den Pendlerverkehr, für einen sicheren Schulweg aber auch als Einfallstraße für den Freizeitverkehr und somit auch aus touristischer Sicht von Bedeutung. Dass dies aufgrund unserer Initiative nun umgesetzt werden soll, ist wahrlich ein wichtiger Meilenstein.

Wir dürfen natürlich nicht aus den Augen verlieren, dass dies tatsächlich nur EIN Meilenstein ist und für die Folgejahre weitere Planungen anzustreben sind, um wesentliche Maßnahmen des Radverkehrskonzepts bis 2030 umzusetzen.

Aber Verkehrswende ist mehr als nur Radverkehr. Sie ist der Mix aus umweltfreundlichen Optionen, die eine Alternative zum Auto schafft. Hier müssen wir damit leben, dass die Mehrheit des Rates unseren Vorschlag, sich bereits jetzt systematisch mit der Optimierung des Busnetzes auseinanderzusetzen, nicht mitgehen möchte. Während hier auf Kreisebene auf grüne Initiative hin bereits viel in Bewegung gekommen ist, riskieren wir hier sprichwörtlich, nicht noch rechtzeitig auf den bereits fahrenden Bus aufzuspringen.

Unsere Hoffnung ist, dass mit der Einführung des 49-Euro-Tickets der Besitz von Abo-Tickets zunimmt und zusammen mit dem Bedürfnis, sich auch in Goch mit dem ÖPNV zu bewegen, dies zu einem Umdenken führen wird. So gesehen haben Sie heute mit der Zustimmung zum Jobticket-Antrag dafür gesorgt, dass die von uns aufgezeigte Notwendigkeit, das ÖPNV-Angebot in Goch auszubauen, in den nächsten Jahren nicht kleiner wird.-Und nur der Mix, die Verbindung des ÖPNV mit dem Radverkehr und mit weiteren Angeboten wie z.B. Carsharing, wird letztendlich die Voraussetzung dafür sein, dass die notwendige Verkehrswende auch in Goch gelingen kann.

Die mittelfristige Finanzplanung zeigt uns nun, dass wir im nächsten Jahr vor einer schweren Entscheidung stehen: Wollen wir den Haushalt und alles an gestalterischen Maßnahmen in dieser Stadt zusammenstreichen, um mit Glück gerade so den Haushaltsausgleich zu schaffen… Oder wollen wir auch weiterhin in die Stadt und in die Zukunft ihrer Bürgerinnen und Bürger investieren?

Gute Schulen, sichere Radwege und der Weg zur Klimaneutralität kosten zunächst einmal Geld. Für uns ist die Antwort klar: Wichtige Investitionen dürfen wir nicht aufschieben. Stattdessen stehen wir als gewählte Ratsmitglieder in der Pflicht, die nötige Finanzierung sicherzustellen. Hier müssen wir uns miteinander ehrlich machen, aber auch mit der Stadtgesellschaft in den Dialog gehen, um abzuwägen, wo wir Mehreinnahmen für den Haushalt generieren können.

Lassen Sie uns das im fairen Miteinander tun und lassen Sie uns bereits frühzeitig vor den nächsten Haushaltsberatungen damit anfangen. So sehr es sich vielleicht anbietet, mögliche Steuerhöhungen als Wahlkampfthema aufzugreifen, so schneiden wir uns hier doch nur ins eigene Fleisch und fördern die allgemeine Politikverdrossenheit. Lassen Sie uns lieber in der Sache hart, aber stets konstruktiv und wertschätzend um die Gestaltung unserer Stadt streiten. So finden wir hoffentlich nur gute Lösungen und zeigen, dass es sich lohnen kann, sich ehrenamtlich als Ratsherr oder Ratsfrau für die kleinen und großen Belange unserer Stadt zu engagieren.